Am 4. Juni 2025 präsentierte die Stadt Graz im Media Center des Rathauses ihren neuen Hitzeschutzplan. Das Konzept ist Teil einer langfristigen Anpassungsstrategie an die Folgen des Klimawandels und soll insbesondere in urbanen Hitzeperioden Schutz für gesundheitlich oder sozial besonders gefährdete Personen bieten.
Der Plan wird aktiv, sobald das Land Steiermark für den steirischen Zentralraum – und damit auch für Graz – eine offizielle Hitzewarnung ausgibt. Ziel ist es, strukturiert auf extreme Wärmeereignisse zu reagieren und die betroffene Bevölkerung rechtzeitig zu informieren, zu schützen und im Notfall zu unterstützen.
Mehr Hitzetage, steigender Handlungsdruck
Bürgermeisterin Elke Kahr betonte, dass die zunehmende Zahl an Hitzetagen und Tropennächten in Graz besonders in dicht bebauten Gebieten deutlich spürbar sei. Besonders belastet seien jene, die aufgrund ihrer beruflichen oder sozialen Situation wenig Ausweichmöglichkeiten haben – etwa im Bauwesen, in der Pflege oder in der Gastronomie. Auch wohnungslose Menschen seien in besonderem Maß gefährdet.
Sie verwies auf bereits bestehende Hilfsangebote wie die klimatisierte Einrichtung der Bahnhofsmission, die in Kooperation mit der Caritas betrieben wird. Dort erhalten Menschen nicht nur Zugang zu kühlen Aufenthaltsräumen, sondern auch Getränke, Speisen, Duschmöglichkeiten und Waschgelegenheiten.
Kühle Rückzugsorte und konkrete Hilfsangebote
Ergänzend zu bestehenden Einrichtungen wurden im Rahmen des Hitzeschutzplans weitere sogenannte „coole Orte“ definiert. Diese umfassen unter anderem:
- das Rathaus selbst,
- Bibliotheken mit Klimatisierung,
- kirchliche Einrichtungen,
- das Kunsthaus-Foyer,
- die Stadt-Oase im Museum Graz.
Magistratsdirektor Martin Haidvogl hob die Kooperation mit der Diözese Graz-Seckau hervor, durch die zehn Kirchen offiziell als Rückzugsorte zur Verfügung stehen. Ziel sei es, auch nicht klimatisierte Wohnungen durch leicht zugängliche Alternativen zu entlasten.
Zusätzlich ist ein digitaler Stadtplan der Kühle in Vorbereitung. Bürger:innen können weitere geeignete Orte melden, um sie in die offizielle Übersicht aufzunehmen.
Drei Warnstufen für abgestufte Maßnahmen
Die Stadt Graz orientiert sich am Hitzeschutzplan des Landes Steiermark und teilt ihre Maßnahmen in drei Stufen ein:
- Vorwarnstufe: Aktiv bei mäßiger bis starker Wärmebelastung; Öffentlichkeitsarbeit, Verhaltenstipps, Ausgabe von Trinkflaschen und Fächern, sowie Mobilisierung von Anlaufstellen wie der Gesundheitsdrehscheibe.
- Warnstufe A: Bei einer vorhergesagten Hitzewelle von 3 bis 10 Tagen; verstärkte interne Koordination, zusätzliche Kommunikationsmaßnahmen.
- Warnstufe B: Bei Hitzebelastungen über zehn Tage oder begleitenden Risikofaktoren (z. B. Großveranstaltungen, hohe Schadstoffwerte, Waldbrandgefahr); Aktivierung des Führungsstabs, Abstimmung mit Pflegeeinrichtungen, Spitälern und Einsatzorganisationen.
Die Koordination liegt bei der Abteilung für Sicherheitsmanagement. Gilbert Sandner erklärte, dass klare Abläufe und eine einheitliche Kommunikation für alle beteiligten Stellen und die Bevölkerung vorgesehen seien.
Gesundheitsschutz mit niederschwelliger Beratung
Robert Krotzer, Gesundheitsstadtrat, und Eva Winter, Leiterin des Gesundheitsamts, betonten die gesundheitlichen Gefahren durch Hitze – insbesondere für ältere Menschen, Personen mit Vorerkrankungen und Menschen in sozial prekären Lebenslagen.
Die Gesundheitsdrehscheibe in der Handelsstraße 28 steht nicht nur als Rückzugsort offen, sondern bietet auch persönliche Beratung an. Zusätzlich wurde das mobile Programm „Gesundheitsdrehscheibe vor Ort“ gestartet. Es bringt Informationen direkt in Märkte, Parks und Nachbarschaften.
Mit im Gepäck: bewährte Hitzeschutztipps und kostenlose Fächer, die laut Krotzer besonders gut angenommen werden.
Alltagsmaßnahmen für den Selbstschutz
Ein zentrales Anliegen des Hitzeschutzplans ist die Aufklärung der Bevölkerung über leicht umsetzbare Schutzmaßnahmen. Dazu zählen:
- regelmäßiges Trinken, auch ohne Durstgefühl,
- Meiden körperlicher Anstrengung in der Mittagshitze,
- Abdunkeln und gezieltes Lüften von Wohnräumen,
- Tragen leichter, heller Kleidung,
- Nutzung schattiger Plätze und klimatisierter Gebäude,
- Aufmerksamkeit für Mitmenschen im Umfeld.
Doris Kampus, Vorsitzende der SPÖ Graz, rief dazu auf, sich aktiv um ältere Nachbar:innen oder alleinlebende Personen zu kümmern. Sie verwies auf die Möglichkeit, Einkaufswege zu übernehmen oder einfach nach dem Wohlbefinden zu fragen. Hitzeschutz sei, so Kampus, auch eine Frage der sozialen Verantwortung im Alltag.
Stadtplanung als langfristige Antwort
Vizebürgermeisterin Judith Schwentner machte deutlich, dass der Hitzeschutzplan eingebettet sei in die Klimaanpassungsstrategie der Stadt. Diese umfasst:
- über 2.600 neu gepflanzte Bäume in den letzten drei Jahren,
- grüne Meilen in besonders stark versiegelten Straßenzügen,
- Dach- und Fassadenbegrünung,
- neue Grünräume wie den Nikolaus-Harnoncourt-Park in der Smart City.
Sie verwies auf Daten aus dem Klimainformationssystem, die Temperaturunterschiede von bis zu 20 Grad zwischen begrünten und versiegelten Flächen zeigen.
Werner Prutsch vom Umweltamt warnte darüber hinaus vor oft unterschätzten Temperaturdifferenzen: Ein Unterschied von zwei bis drei Grad könne für die körperliche Belastung bereits entscheidend sein – insbesondere bei Tropennächten ohne nächtliche Abkühlung.
Weitere Entwicklung geplant
Der präsentierte Hitzeschutzplan ist laut Sicherheitsmanagement ein erster Entwurf, der laufend erweitert und auf Basis von Erfahrungen weiterentwickelt wird. Künftig sollen auch infrastrukturelle Fragestellungen – etwa zur Hitzebelastbarkeit von technischen Systemen – stärker berücksichtigt werden.
Die Stadt setzt dabei auf ressortübergreifende Zusammenarbeit und regelmäßige Evaluierung.
Kontakt und weiterführende Informationen:
📍 Gesundheitsdrehscheibe Graz: Handelsstraße 28
📞 Österreichisches Hitzetelefon: 0800 808 100
🌐 www.graz.at/hitzeaktionsplan
Schreibe einen Kommentar